Auch in Deutschland werden inzwischen auch Pellets als Futter für Wellensittiche angeboten und sollen das perfekte Futter sein, wenn man der Werbung glauben will.
Was sind extrudierte Pellets?
Begriffsklärung
- Extrusion: Hierbei handelt es sich um eine Verfahrenstechnik, bei der eine Masse unter Druck aus einer formgebenden Öffnung gepresst wird.
- Pellets: So werden kleiner Körper aus verdichtetem Material in Kugel- oder Zylinderform bezeichnet.
Erklärung der Hersteller
„Um extrudierte Vogelpellets herzustellen, fügen wir hochwertigen Zutaten Wasser und Dampf hinzu. Auf diese Weise erhitzen wir sie kurz auf eine hohe Temperatur. Dies bietet viele Vorteile. Das Futter ist besser verdaulich, viele Keime werden abgetötet, die Pellets sind vollständig resorbierbar …“
Versele-Laga
Herstellungsverfahren
Zur Herstellung extrudierter Pellets werden die Rohstoffe stark zerkleinert und in der Regel zu einem Mehl verarbeitet, dem dann Wasser zugegeben wird. Anschließend wird die Masse unter der Zugabe von Wasserdampf stark erhitzt und unter hohen Druck durch eine Stahlmatrize in die gewünschte Form gepresst.
Pellets anstatt Körnerfutter?
Argumente der Hersteller
- Optimale Versorgung mit allen lebenswichtigen Nährstoffen
- Bessere Verfügbarkeit der Nährstoffe durch Erhitzen
- Kein Aussuchen bestimmter Saaten möglich
- Verhindern von Übergewicht
- Vollständiges Abtöten aller Keime durch Erhitzen
- Vollständige Verwertbarkeit ohne Reste wie Spelzen
- geringerer Zeitaufwand für die Fütterung
Kritische Betrachtung
Rohstoffqualität
Nachdem die Rohstoffe bei der Herstellung zerkleinert werden, muss man sich bezüglich der Qualität derselben ganz auf die Versprechen der Hersteller verlassen.
Bei den Körnermischungen hingegen kann man mittels einer sensorischen Überprüfung oder auch eines Keimtests zumindest einige Rückschlüsse auf die Qualität und Frische der Rohstoffe ziehen.
Desweiteren werden durch das starke Erhitzen während des Herstellungsprozesses nicht nur die Keime, sondern auch die Vitamine usw. zerstört und müssen später wieder künstlich hinzugefügt, also aufgesprüht, werden.
Optimale Versorgung
Diese Behauptung kann man durchaus als sehr gewagt betrachten, da zum Einen einfach viel zu wenig über die Ernährung der freilebenden Sittiche und deren gesamtes Nahrungsspektrum bekannt ist und zum Anderen sich der Nährstoffbedarf in verschiedenen Situationen, wie z.B. in der Mauser oder während der Brut, schlichtweg verändern kann.
Mit einer qualitativ hochwertigem und abwechslungsreichen Körnermischung sowie einer ausreichenden Menge an Frischfutter sollte nicht nur eine vergleichbare, sondern meist sogar eine bessere Versorgung mit Nährstoffen gewährleistet sein.
Bessere Verfügbarkeit der Nährstoffe
Man kann natürlich nicht abstreiten, dass manche Nährstoffe durch Erhitzen aufgeschlossen werden und besser verfügbar sind, aber das kann man auch, falls überhaupt nötig, mit Keimfutter oder Kochfutter erreichen.
Aussuchen von Saaten
Bei Pellets ist es definitiv nicht möglich sich irgenwelche besondere Saaten bzw. „Leckerbissen“ herauszusuchen, allerdings hat man dadurch einen „geschmacklichen Einheitsbrei“ ohne jede Abwechslung.
Bei Körnermischungen besteht das Problem des Aussuchens bestimmter Saaten in der Regel nur bei der Verwendung von Futterspendern oder bei Futter „im Überfluss“ zur freien Aufnahme.
Bei der Verwendung von Futternäpfen und einer ab- bzw angemessenen Futtermenge erübrigt sich das Problem. Nach dem Verzehr der „Lieblingssaaten“ bleibt den Sittichen dann nichts anderes übrig, als sich auch den anderen Saaten zuzuwenden.
Verhindern von Übergewicht
Dadurch dass sich die Sittiche nicht die kalorienreichen Saaten heraussuchen können und sie angeblich weniger bei Pellets fressen, soll eine „Verfettung“ bzw. Übergewicht bei diesen Verhindert werden.
Die Studie „Körner- versus Pelletfütterung bei Wellensittichen“ an der Universität Bern konnte man weder signifikanten Unterschiede beim Gewicht noch gesundheitliche Vorteile bei der Pelletfütterung feststellen.
Die Hähne suchten sogar häufiger den Futternapf auf als bei Körnerfutter, was man auf die fehlende Beschäftigung durch das Entspelzen zurückführt.
Keimebelastung
Eines der häufigsten Argumente dürfte das Abtöten sämtlicher Keime durch das starke Erhitzen während des Herstellungsprozesses sein. Das trifft sogar bis auf wenige Ausnahmen zu.
Natürlich wird dabei nie erwähnt, dass dabei auch die Vitamine zerstört werden.
Das eigentliche Problem ist allerdings, dass Pellets durch ihre Eigenschaften, wie z.B. die poröse Oberfläche, einen optimalen Nährboden für Pilzsporen darstellen.
Sobald die Tüte geöffnet wird, kommen die Pellets mit Pilzsporen und der Luftfeuchtigkeit in Kontakt und der Vorteil einer keimfreien Herstellung kann sich schnell ins Gegenteil verwandeln.
Bei entsprechender Luftfeuchtigkeit und Lagerung können sich dann die Pilze rasant vermehren und das Futter verderben. Nachdem man den Pilzbefall nicht gleich mit bloßem Auge erkennen kann, besteht die Gefahr, dass das verdorbene und jetzt gesundheitschädliche Futter weiter angeboten wird.
Keine Spelzen
Das mag zwar auf den ersten Blick wünschenswert erscheinen, aber man darf nicht vergessen, dass das Entspelzen von Körnern zum natürlichen Verhalten der Sittiche gehört und zudem auch eine Form der Beschäftigung darstellt.
Beim Menschen wäre das Kauen der Nahrung das normale Verhalten und die meisten würden dieses sicher dem Genuss komplett pürierter Speisen vorziehen.
Fazit
Man kann es drehen oder wenden, aber man kommt nicht umhin festzustellen, dass es sich bei Pellets schlichtweg um ein hochverarbeitetes Lebensmittel mit all den daraus resultierenden Nachteilen handelt.
Besonders kritisch sehe ich die deutlich höhere Keimanfälligkeit bzw. Neigung zur Verpilzung, sobald die Packung geöffnet wird und die Pellets mit Luftfeuchtigkeit in Kontakt kommen und/oder falsch bzw. zu lange gelagert werden. Nachdem man derart verdorbenes Futter nicht gleich erkennen kann, besteht ein nicht unerhebliches gesundheitliches Risiko, wenn dieses dann trotzdem verfüttert wird.
Zudem scheinen gemäß einer Studie an der Universität Bern auch keine gesundheitlichen Vorteile bei Pelletfütterung vorzuliegen. Man hat dabei auch festgestellt, dass auch Wellensittiche die an Pellets gewöhnt waren, immer das Körnerfutter bevorzugten, wenn sie die Wahl hatten.
Grundsätzlich wage ich zu behaupten, dass sowohl für Sittiche als auch für Menschen gilt:
Je frischer und je weniger verarbeitet ein Lebensmittel ist, um so höher ist der Vitamin- und Nährstoffgehalt und somit der Nährwert dieses.
Anmerkung
Um Fotos erstellen und einen persönlichen Eindruck von den Pellets gewinnen zu können, habe ich mir eine Packung eines bekannten Herstellers besorgt, nachdem dieser meine Anfrage nach einem Testmuster ignoriert hatte.
Wie bei jedem Wellensittichfutter habe ich mir natürlich die Inhaltsstoffe genauer angeschaut.
Das erste was auffällt ist, dass nur Oberbegriffe verwendet und somit keine einzelnen Inhaltsstoffe angegeben werden. Das zweite sind die vielen unerwünschten Inhaltsstoffe, die ich persönlich auch bei normalen Körnermischungen nicht tolerieren würde.
Zudem werden noch eine große Menge an Zusatzstoffen aufgeführt, die vermutlich die, im Herstellungsprozess zerstörten Nährstoffe, ersetzen sollen.
Wie nicht anders zu erwarten sind dann auch noch Antioxidantien, Konservierungsstoffe und Farbstoffe enthalten.
Zusammenfassend muss ich feststellen, dass die Zusammensetzung der Pellets so ziemlich alle Kriterien erfüllt, die mich persönlich von einem Kauf eines solchen Produktes abhalten würden.
Besonders „abschreckend“ fand ich persönlich den intensiv künstlichen Geruch nach billigen Süßigkeiten mit einem Hauch Trockenfutter, der beim Öffnen der Packung entströmte.
Somit werde ich die Pellets wohl oder übel nach Fertigstellung dieses Artikels entsorgen, da ich diese auf keinem Fall meinen Wellensittichen anbieten möchte.