
„Vögel haben einen völlig anderen Stoffwechsel – das kann man nicht vergleichen“ ist ein beliebtes Argument v.a. im Internet für alle möglichen Dinge1Futterpflanzen, Giftstoffe, usw..
Fragt man aber nach, wie sich der Stoffwechsel genau von Säugtieren unterscheidet, bekommt man allerdings niemals fachlich belegbaren Informationen.
Somit habe ich die Fachliteratur, genauer ein Buch eines Biologen mit Schwerpunkt Ornithologie zu Rate gezogen, der selber seit Jahrzehnten Papageien züchtet und seine Aussagen zum Stoffwechsel von Sittichen und Papageien zusammengefasst.
Vögel & Säugetiere
Gemeinsamkeiten
- Landwirbeltiere bzw. Tetrapoden: Beide besitzen eine Wirbelsäule.
- Gleichwarmes bzw. homoiothermes Tier: Beide weisen eine konstante Körperkerntemperatur auf und können somit ihre Körpertemperatur regulieren.
- Thermische Isolation: Wärmeisolation durch Lufteinschlüsse im Fell bzw. Federkleid.2bzw. isolierende Fettschicht bei wasserlebenden Säugetieren und Vögeln
- Herzkammern: Im Gegensatz zu Amphibien und den meisten Reptilien haben beide 4 Herzkammern, die deutlich effizienter sind.
Unterschiede
- Keine Zähne: Die Zerkleinerung der Nahrung erfolgt im Muskelmagen.
- Federn: Im Gegensatz zum Fell sind diese für das Fliegen erforderlich.
- Knochen: Die Knochen sind im Gegensatz zum Säugetier3Knochenmark und Schwammgewebe mit Luft gefüllt.
- Fortpflanzung: Legen Eier mit harter Schale4Kloakentiere (Säugetiere) legen Eier mit weicher Schale und die Küken werden nicht gesäugt.
Wie man sieht, liegen die Unterschiede in erster Linie in dem Bereich der Gewichtseinsparung zum Fliegen, wie die Federn, die fehlende Harnblase, die luftgefüllten Knochen und die Eier anstatt der Embryos, die ausgetragen werden müssen.
Stoffwechsel bei Vögeln
Was ist der Stoffwechsel überhaupt?
Dieser lässt sich in drei verschiedene Bereiche unterteilen:
- Aufnahme von Stoffen: Ernährung und Atmung
- Verarbeitung der Stoffe: Aufrechterhaltung der Körperfunktionen
- Ausscheiden von Stoffen: Entsorgen von Abfallstoffen usw.
Es müssen somit Stoffe (Nahrung & Sauerstoff) aufgenommen werden, die in verarbeiteter Form (= Wechsel) für die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen genutzt werden, wonach die nicht benötigten, anfallenden Stoffwechselendprodukte (Kot & Kohlendioxid) vom Organismus ausgeschieden werden.
Den oben beschriebenen Vorgang nennt man dann „Stoffwechsel“ bzw. „Metabolismus“.
Energieumsatz
Idealerweise sollte die Stoffwechselbilanz natürlich möglichst ausgeglichen sein, da sonst die überflüssigen Nährstoffe als Fett im Brustbereich des Vogels eingelagert werden.
Allerdings ist Energieumsatz des Vogels natürlich nicht immer gleich, weshalb auch folgende Unterscheidungen für die verschiedenen Situationen notwendig sind:
- Grundumsatz
- Erhaltungsstoffwechsel
- Leistungsstoffwechsel
Grundumsatz
Dieser gibt an, wie viel Energie der Vogel im Ruhezustand aufwenden muss, um die Grundfunktionen des Organismus, wie z.B. Körpertemperatur, aufrecht zu erhalten.
Dabei haben kleinere Sittiche einen höheren Grundumsatz, als z.B. große Papageien, was bedeutet, dass diese im Vergleich zu ihrer Körpermasse schlichtweg mehr fressen müssen und nicht so lange hungern dürfen, wie größere Vögel.
Durch das ungünstigere Verhältnis von Körperoberfläche und Körpervolumen kühlen kleinere Vögel schneller aus und benötigen somit mehr Energie um die Körpertemperatur aufrecht zu erhalten.
Erhaltungsstoffwechsel
Nachdem sich die Vögel auch häufig bewegen (Nahrungsaufnahme, Gefiederpflege, Fliegen, usw.), liegt der tatsächliche Energieumsatz natürlich stets über dem Grundumsatz.
Der Erhaltungsstoffwechsel entspricht somit dem normalen Energiebedarf im Alltag und setzt sich aus dem Grundumsatz und der für die Aktivitäten benötigte Energie zusammen.
Leistungsstoffwechsel
Alles, was über die alltäglichen Bedürfnisse hinausgeht, wie Wachstum, Mauser oder Brut, zählt dann zu dem Leistungsstoffwechsel.
Dieser setzt sich dann folglich aus dem Grundumsatz, dem Erhaltungsstoffwechsel und der zusätzlich benötigten Energie zusammen.
Um den Leistungsstoffwechsel zu decken, können neben mehr Futter unter Umständen auch tierische Proteine nötig werden, die einen geeigneteren Aminosäuregehalt aufweisen und somit hochwertiger als pflanzliche Proteine sind.
Folglich ist v.a. der Leistungsstoffwechsel für den Halter von Vögeln bedeutsam, da dieser dann ggf. das nötige Futter zur Deckung des Energiebedarfs zur Verfügung stellen muss.
Fazit zum Stoffwechsel bei Vögeln
Mehr hat es mit dem Stoffwechsel auch bei Vögeln nicht auf sich.
Der Stoffwechsel hängt also nicht von der Klasse5 der Landwirbeltiere, wie Säugetier oder Vogel, sondern lediglich von der Größe, der Aktivität und sogar von der Haltung6z.B. Bewegungs- und Beschäftigungs- und Flugmöglichkeiten ab.
Bei Vögeln gibt es somit auch keine „geheimen“ Stoffwechselfunktionen mit denen sie sich maßgeblich von den Säugetieren unterscheiden. Die Nahrung wird schlichtweg in Energie umgewandelt, die vom Vogel zur Deckung seines jeweiligen Energiebedarfs genutzt wird.
Ein schnellerer Stoffwechsel bedeutet nur, dass die Nährstoffe, aber auch die Schad- und Giftstoffe schneller in den Organismus gelangen und Stoffwechselendprodukte häufiger ausgeschieden werden müssen. Zudem ist für den Sauerstoffbedarf eine höhere Anzahl an Atemzügen bzw. eine größeres Atemvolumen (Luftsäcke!) erforderlich.
Behauptungen einer höheren Gifttoleranz bei Vögeln lassen sich anhand des Stoffwechsels allerdings nicht erklären, da der einzige Unterschied ist, dass Giftstoffe bei einem schnellen Stoffwechsel leider auch schneller in den Organismus gelangen.
Abschließend lässt sich nur feststellen:
Wer mehr Energie verbraucht, muss mehr fressen9und mehr Sauerstoff atmen, um seinen Energiebedarf zu decken und natürlich auch häufiger die anfallenden Stoffwechselendprodukte loswerden, egal ob er ein Vogel oder ein Säugetier ist.
- 1Futterpflanzen, Giftstoffe, usw.
- 2bzw. isolierende Fettschicht bei wasserlebenden Säugetieren und Vögeln
- 3Knochenmark und Schwammgewebe
- 4Kloakentiere (Säugetiere) legen Eier mit weicher Schale
- 5der Landwirbeltiere
- 6z.B. Bewegungs- und Beschäftigungs- und Flugmöglichkeiten
- 7900 Atemzüge und 1500 Herzschläge pro Minute
- 8250 Atemzüge und 400-500 Herzschläge
- 9und mehr Sauerstoff atmen