Leider musste ich ihm Rahmen meiner Recherchen feststellen, dass sogar bei namhaften Anbietern, nicht nur fragwürdige, sondern sogar als giftig eingestufte Inhaltsstoffe enthalten sind.
Die Dosis macht das Gift
Natürlich gilt meist, dass die Dosis das Gift macht. Das bedeutet, dass z.B. bei vielen Heilpflanzen die Menge in Bezug auf das Körpergewicht den Unterschied zwischen gesund und gesundheitsschädlich macht.
Genau hier liegt auch das Problem. Ein Wellensittich wiegt lediglich 40-50g, womit die Dosis der Wirkstoffe oft um ein vielfaches höher liegt, als bei anderen Tieren oder gar dem Menschen.
Hier ein kleines Rechenbeispiel. Basilikum ist in kleinen Mengen sehr gesund und so würden die Wenigsten sich etwas dabei denken, wenn ein Wellensittich ein ganzes Blatt alleine frisst.
Damit aber ein Mensch (60-70kg) die gleiche Dosis an Wirkstoffen und ätherischen Ölen zu sich nimmt, müsste dieser etwa 1200-1400 Basilikumblätter verzehren, was sicherlich nicht gerade bekömmlich wäre.
Bei den meisten bedenklichen Inhaltsstoffen kommt noch hinzu, dass es keine Grenzwerte für Vögel gibt, die besagen, ab welcher Dosis diese gesundheitsschädlich sind.
Somit gibt es meines Erachtens keinen vernünftigen Grund fragwürdige Inhaltsstoffe dem Futter beizumischen, selbst wenn die beigefügte Menge möglicherweise unbedenklich ist.
Inhaltsstoffe bei Körnermischungen
Als Ausgangspunkt möchte ich eine Futtermischung eine bekannten Anbieters von Wellensittichfutter verwenden, die ich persönlich niemals meinen Wellensittichen anbieten würde.
Alfalfa
Alfalfa ist der amerikanische Name für die Luzerne. Die Samen dieser enthalten als natürlichen Fraßschutz den Giftstoff “Canavanin”.1M. Busch: “Futterpflanzen für Heimtiere”, S. 72
- Giftige Pflanzenteile: Blätter, Stängel & Samen
- Toxische Substanzen: Phytoöstrogene, Cumestrol, Coumestan, Genistein, Formonetin, Canavanin
Man kann zwar Alfalfa-Sprossen verwenden, allerdings erst nachdem diese mindestens 7 Tage gekeimt sind, da erst dann das Canavain vollständig abgebaut ist. Das gilt übrigends auch für den menschlichen Verzehr.
Leinsamen bzw. Lein
Die Samen des Lein bzw. Flachses enthalten als Fraßgift “cyanogene Glykoside“, die im Organismus zu Blausäure umgewandelt werden können.
- Giftige Pflanzenteile: Kraut & Samen
- Toxische Substanzen: cyanogene Glykoside
Beim Menschen wird ein Verzehr von höchstens 30g Leinsamen empfohlen. Bei Tieren wird die absolute Obergrenze mit 4g pro Kilogramm Körpergewicht angesetzt. Würde man das auf das Gewicht eines Wellensittichs herunterrechen, läge man bei max. 160-200mg.
Mohnsamen
Das erste Problem ist, dass fast nie angegeben wird, ob es sich um die Samen des Schlafmohns (Papaver somniferum) oder des Klatschmohns (Papaver rhoeas) handelt. Bei dem Mohn, der für den menschlichen Verzehr gedacht ist, handelt es sich um spezielle morphinarmen Sorten2“Mieszko” sowie “Zeno Morphex” des Schlafmohns, die dann als Blaumohn verkauft werden.
- Giftige Pflanzenteile: alle (v.a. Milchsaft)
- Toxische Substanzen: Rhoeadin, cyanogene Glykoside, …
Mohn gilt als tiergiftig, v.a. da dieser roh3nicht gekocht oder gebacken gefressen wird. Beim Menschen wird die unbedenkliche Verzehrmenge vom “Bundesinstitut für Risikobewertung” mit 30g angegeben, wobei bei Kleinkindern dringend von einem Verzehr dieses abgeraten wird.
Süßwurzel
Die Echte Süßwurzel (Glycyrrhiza glabra) gilt als Heilmittel und ist nicht als Futter geeignet4“Glycyrrhiza glabra” (CliniPharm / CliniTox).
- Problematische Stoffe: Glycyrrhizin
Das in der Süßholzwurzel enthaltene Glykosid “Glycyrrhizin” kann bei einer zu hohen Dosis zu einer Veränderung des Mineralstoffwechsels mit Natriumanreicherungen und Kaliumverlusten führen.
Beim Menschen wird eine tägliche Aufnahmemengen von 100mg Glycyrrhizinsäure als unbedenklich angesehen, bei Schwangeren und bei Bluthochdruckpatienten wird vom Konsum von süßwurzelhaltigen Tees oder Lebensmitteln dringend abgeraten.
Inhaltsstoffe in Blütenmischungen
Hierfür möchte ich auf Inhaltsstoffer einer Blütenmischung des gleichen Anbieters zurückgreifen.
Klatsch-Mohnblüten
Der Klatsch-Mohn (Papaver rhoeas) gilt als stark giftig und das nicht nur für Vögel, sondern auch für Kleinsäuger, Reptilien und Säugetiere (z.B. Hund).5M. Busch: “Pflanzen für Heimtiere”, S. 81
- Giftige Pflanzenteile: alle (v.a. Milchsaft)
- Toxische Substanzen: Rhoeadin, cyanogene Glykoside, …
Insbesondere bei dieser Pflanze bleibt Giftwirkung auch im Dürrfutter, also in den getrockneten Blüten, erhalten.
Veilchenblüten
Das Veilchen (Viola odorata) gilt Vögel als giftig, während es für Kleinsäuger und Reptilien nur schwach giftig ist.6M. Busch: “Pflanzen für Heimtiere”, S. 115
- Giftige Pflanzenteile: alle
- Toxische Substanzen: Eugenol
Beim Menschen hingegen zählen Veilchen zu den essbaren Blüten.
Anmerkung
Selbstverständlich habe ich dem Anbieter, von dem die oben aufgeführten Beispiele stammen, von der Problematik in Kenntnis gesetzt und ihm meine Informationen und Quellen zur Verfügung gestellt.
Leider sieht man gemäß einer offiziellen Vertreterin dieses Anbieters diesbezüglich keinen Handlungsbedarf.
Anstatt Veränderungen in der Zusammensetzung vorzunehmen, hat man mir schlussendlich untersagt, den Anbieter zu zitieren oder zu bewerten, solange derselbe dem nicht expliziert zustimmt. Dass das rechtlich nicht haltbar ist, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen.
- 1M. Busch: “Futterpflanzen für Heimtiere”, S. 72
- 2“Mieszko” sowie “Zeno Morphex”
- 3nicht gekocht oder gebacken
- 4“Glycyrrhiza glabra” (CliniPharm / CliniTox)
- 5M. Busch: “Pflanzen für Heimtiere”, S. 81
- 6M. Busch: “Pflanzen für Heimtiere”, S. 115