Wie funktioniert mein Wellensittich?

Wie funktioniert mein Wellensittich?
Wie funktioniert mein Wellensittich eigentlich? Eine interessante Frage, die hiermit genauer beantwortet werden soll.

Augen

Wie bei den meisten Vögeln sitzen diese seitlich am Kopf, was ihr Gesichtsfeld deutlich erweitert (360°).

Während das untere Augenlid beweglich ist, ist das obere Lid weitgehend fest. Zudem besitzen Vögel noch ein drittes Augenlid, die Nickhaut, als weiteren Schutz für das Auge.

Auge des Wellensittichs

Farbspektrum

Während das menschliche Auge nur die Farben Rot (565 – 620 Nm), Grün (510 – 540 Nm) und Blau (450 – 480 Nm) wahrnehmen kann, beschränkt sich das Farbspektrum bei Papageien und Sittichen nicht nur auf den Bereich von 400 bis 700 Nm, wie beim Menschen.

Diese können zusätzlich noch Farben im Bereich von 300 bis 400 Nm, also im UV-Spektrum, sehen, die der Mensch nur als Schwarz, Grau oder diffus wahrnimmt.

Das Bild ist eine Vorstellungshilfe, wie es für einen Wellensittich sein muss, wenn das UV-Spektrum fehlt.1z.B. durch Filterwirkung von Fensterglas

Vorstellungshilfe fehlende Farbe
Trichromat ⇔ Dichromat2Mensch (RGB) vs. Rind (GB)

Aufgrund dieses erweiterten Farbspektrums ist es den Vögeln unter anderem möglich, den Reifegrad von Gräsern und Früchten besser zu unterscheiden und die für das menschliche Auge nicht sichtbaren Farben im Gefieder helfen diesen auch bei der Partnersuche.

Frequenzen

Auch im Hinblick auf die Frequenz von künstlichem Licht ist das Auge des Wellensittichs deutlich sensibler.

Während das menschliche Auge Frequenzen oberhalb von 50Hz als flackerfrei wahrnimmt, tritt dieser Effekt bei Papageien und Sittichen erst ab 150Hz auf, womit diese auch ein Flimmern bzw. Flackern des Lichtes sehen können, das für den Menschen nicht wahrnehmbar ist.

Atmung

Atmungsvorgang

Wellensittiche besitzen nur eine Nasennebenhöhle, die sich rechts und links bis unter beiden Augenhöhlen ausdehnt.

Von der Nasenhöhle gelangt die Luft über den Kehlkopf in die Luftröhre. Der Kehlkopf besitzt aber keine Stimmbänder und das Stimmorgan sitzt stattdessen am unteren Ende der Luftröhre.

Verbindung Nase und Schnabel

Die Luftröhre verzweigt sich in die zwei Stammbronchien, die zu den Lungen führen, wo der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid stattfindet.

Das Atmungssystem der Vögel besitzt als Erweiterung der Bronchien zudem noch mehrere Luftsäcke.

Beim Einatmen strömt die sauerstoffreiche Luft in die hinteren Luftsäcke, während die sauerstoffarme Luft aus den Lungen in die vorderen Luftsäcke fließt.

Beim Ausatmen hingegen strömt die Luft aus den hinteren Luftsäcken in die Lunge, während die verbrauchte Luft aus den vorderen Luftsäcken ausgeatmet wird.

Luftsäcke

Diese sind eine Besonderheit des Atmungssystems bei Wellensittichen und bilden eine sackartige, dünne Erweiterung der Bronchien.

Ihre Hauptfunktion ist die Vergrößerung des Atemvolumens, aber diese spielen auch eine wichtige Rolle bei der Wärmeregulierung, da Vögel keine Schweißdrüsen besitzen.

Luftsäcke & Lungen

Weiterhin dienen diese als Resonanzkörper und als „Airbag“ für die Körperorgane.

Der Nachteil dieses großen Atemvolumens ist aber, dass Vögel deutlich empfindlicher auf Schadstoffe, Keime usw. in der Luft reagieren (➜ Duftstoffe).

Wärmeregulierung

Nachdem Wellensittiche und andere Vögel keine Schweißdrüsen besitzen, erfolgt diese über die Luftsäcke.

Die überschüssige Körperwärme wird durch Verdunstung von Wasser in den Luftsäcken über das Atmungssystem an die Außenluft abgegeben.

Verdauung

Kropf

Dieser ist eine sackförmige Erweiterung der Speiseröhre bei Vögeln.

Er dient zum einen als Vorratsbehälter3Partner- bzw. Kükenfütterung und zum anderen der Vorbereitung der Verdauung.

Die Nahrung wird dort gesammelt, eingeweicht und mittels der Amylase aus dem Speichel wird bereits die Kohlenhydratverdauung eingeleitet.

Verdauungsvorgang

Nach dem Entspelzen der Körner werden diese im Kropf gesammelt, eingeweicht und mittels der Amylase aus dem Speichel wird die Verdauung der Kohlenhydrate eingeleitet.

Danach gelangt das Futter in den Drüsenmagen, wo Magensäure und Verdauungsenzyme zugesetzt werden.

In einem dehnbaren Zwischenstück4Zona intermedia gastris staut sich dann das Futter vor dem Eingang zum Muskelmagen.

Verdaungsorgane

Durch die Perlistaltik5Magen- und Darmbewegungen gelangt es dann in den Muskelmagen, wo es mithilfe von Grit zu einem Futterbrei zerrieben wird.

Im Dünndarm wird der Nahrungsbrei mit dem Sekret aus der Bauchspeicheldrüse weiter aufgeschlossen. Wellensittiche6 besitzen keine Gallenblase

Danach sorgen im Dickdarm die Darmbakterien für eine Aufspaltung der Zellulose. Anschließend werden die aufgespaltenen Nahrungsbestandteile durch die Darmwand resorbiert.

Die unverdaulichen Futterreste gelangen dann in die Kloake, wo bei Wellensittichen dem Urin noch ein Großteil der Flüssigkeit entzogen7weißer Harnsäureanteil im Kot wird, bevor schlussendlich der Kot ausgeschieden wird.

Stoffwechsel

Dieser lässt sich in drei verschiedene Bereiche unterteilen:

  • Aufnahme von Stoffen: Ernährung und Atmung
  • Verarbeitung der Stoffe: Aufrechterhaltung der Körperfunktionen
  • Ausscheiden von Stoffen: Entsorgen von Abfallstoffen usw.

Es müssen somit Stoffe (Nahrung & Sauerstoff) aufgenommen werden, die in verarbeiteter Form (= Wechsel) für die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen genutzt werden, wonach die nicht benötigten, anfallenden Stoffwechselendprodukte (Kot & Kohlendioxid) vom Organismus ausgeschieden werden.

Den oben beschriebenen Vorgang nennt man dann „Stoffwechsel“ bzw. „Metabolismus“

Energieumsatz

Idealerweise sollte die Stoffwechselbilanz natürlich möglichst ausgeglichen sein, da sonst die überflüssigen Nährstoffe als Fett im Brustbereich des Vogels eingelagert werden.

Allerdings ist der Energieumsatz des Vogels natürlich nicht immer gleich, weshalb auch folgende Unterscheidungen für die verschiedenen Situationen notwendig sind:

  • Grundumsatz
  • Erhaltungsstoffwechsel
  • Leistungsstoffwechsel

Grundumsatz

Dieser gibt an, wie viel Energie der Vogel im Ruhezustand aufwenden muss, um die Grundfunktionen des Organismus, wie z.B. Körpertemperatur, aufrechtzuerhalten.

Dabei haben kleinere Sittiche einen höheren Grundumsatz, als z.B. große Papageien, was bedeutet, dass diese im Vergleich zu ihrer Körpermasse schlichtweg mehr fressen müssen und nicht so lange hungern dürfen, wie größere Vögel.

Durch das ungünstigere Verhältnis von Körperoberfläche und Körpervolumen kühlen kleinere Vögel schneller aus und benötigen somit mehr Energie, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten.

Erhaltungsstoffwechsel

Nachdem sich die Vögel auch häufig bewegen (Nahrungsaufnahme, Gefiederpflege, Fliegen, usw.), liegt der tatsächliche Energieumsatz natürlich stets über dem Grundumsatz.

Der Erhaltungsstoffwechsel entspricht somit dem normalen Energiebedarf im Alltag und setzt sich aus dem Grundumsatz und der für die Aktivitäten benötigten Energie zusammen.

Leistungsstoffwechsel

Alles, was über die alltäglichen Bedürfnisse hinausgeht, wie Wachstum, Mauser oder Brut, zählt dann zu dem Leistungsstoffwechsel.

Dieser setzt sich dann folglich aus dem Grundumsatz, dem Erhaltungsstoffwechsel und der zusätzlich benötigten Energie zusammen.

Um den Leistungsstoffwechsel zu decken, können neben mehr Futter unter Umständen auch tierische Proteine nötig werden, die einen geeigneteren Aminosäuregehalt aufweisen und somit hochwertiger als pflanzliche Proteine sind.

Körpertemperatur

Im Gegensatz zum Menschen und vielen Säugetieren liegt die Körpertemperatur bei Vögeln bei über 41°C.

Das ist auch der Grund, warum der Vogel bei Erkrankungen nicht mit Fieber reagiert, sondern mit Untertemperatur. Der Organismus senkt also die Temperatur stattdessen ab, um die Vermehrung von Krankheitskeimen zu bekämpfen bzw. einzuschränken.

Somit muss einem kranken Vogel bei Erkrankungen auch Wärme zugeführt werden, anstatt die Temperatur zu senken, wie bei einem Menschen mit Fieber.

D. Quinten: „Ziervogelkrankheiten“, S. 9f. (Atmung) D. Quinten: „Ziervogelkrankheiten“, S. 10-11f. (Verdauung) D. Quinten: „Ziervogelkrankheiten“, S. 40f. (Körpertemperatur) H.-J. Künne: „Die Ernährung der Papageien und Sittiche“, S. 39 – 41
  • 1
    z.B. durch Filterwirkung von Fensterglas
  • 2
    Mensch (RGB) vs. Rind (GB)
  • 3
    Partner- bzw. Kükenfütterung
  • 4
    Zona intermedia gastris
  • 5
    Magen- und Darmbewegungen
  • 6
    besitzen keine Gallenblase
  • 7
    weißer Harnsäureanteil im Kot
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